Fotos aus der "Todeszone"

Hamburg, 15.03.11 - Angesichts der Atomkatastrophe, die  sich in Japan nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami anbahnt, sind die Ereignisse vor 25 Jahren in Tschernobyl wieder ganz frisch vor Augen. Bis heute sprach man von der größten nuklearen Katastrophe in der Geschichte der Menschheit. Die Ereignisse in Japan sollen hoffentlich die aus Tschernoby nicht übertreffen.

Und doch spricht man jetzt schon wieder in Superlativen. Dieses Zusammentreffen von Erdbeben und Tsunami als Naturkatastrophe und der durch Menschen zu verantwortende größte anzunehmende Unfall, auch als GAU bezeichnet, war und ist nicht vorstellbar.

Um das damals explodierte Atomkraftwerk Tschernobyl, daß bis heute nur notdürftig versiegelt ist, Hunderte getötet wurden, und viele Tausende an der Verstrahlung infolge starben und bis heute noch leiden, wurde eine Sperrzone eingerichtet. Innerhalb dieser "Todeszone" in der jetzt verlassenen Stadt Prypjat lebten damals über 40 Tausend Menschen. Sie, wie auch die anderen in den umliegenden Städten und Dörfern, mußten damals ihre Heimat zwangsweise verlassen.

Der junge aus Gorki stammende Fotograf Andrej Krementschouk reist seit 2008 immer wieder in diese irreale Welt, in die 30-KM-Sperrzone rund um den geborstenen Reaktor und zeigt in seinen Beobachtungen aus dem ländlichen Lebensraum und Tschernobyl: »Die Zone hat etwas Märchenhaftes. Die Natur wuchert, die Tiere vermehren sich. Im Ort Tschernobyl, der nicht so schlimm verstrahlt ist wie Prypjat, wohnen wieder Menschen. Es sind Rückkehrer, die sich dort frei fühlen. Sie sind dort geboren, sie wollen nicht weg, es ist ihnen egal, ob sie deshalb früher sterben.« sagt Andrej Krementschouk. Seine Bilder erzählen die unglaublichen Geschichten von Menschen, die seit damals blieben, anderen, die langsam wieder in ihre Heimat zurückzogen und trotz des Risikos einer tödlichen Verstrahlung der Gefahr trotzen, sich ihren Alltag wieder einrichten.



Michalkovskaja Rudnya, Children in radioactive water
Foto: Andrej Krementschouks aus Chernobyl Zone (I) /
hfr Kehrer-Verlag, Heidelberg



Foto: Andrej Krementschouks aus Chernobyl Zone (I) /
hfr Kehrer-Verlag, Heidelberg



15.04.2009, In the house of Youseffe
Foto: Andrej Krementschouks aus Chernobyl Zone (I) /
hfr Kehrer-Verlag, Heidelberg


In der damals stärker verstrahlten und evakuierten Stadt Prypjat hingegen verschwinden die Zeichen einer menschlichen Zivilsation allmählich und die Natur überwächst die verlassene Geisterstadt. "Seine Bilder widmen sich dem Land, dessen Natur langsam die Dörfer überwächst und der heute geplünderten Stadt Prypjat. Die Gefahr, die von der Radioaktivität ausgeht, potenziert den irritierenden Eindruck der natürlichen Schönheit der Landschaft. Jedes Bild erinnert an das unsichtbare Gift, das die gefährliche Schönheit erst möglich gemacht hat. Die Menschen, die Andrej Krementschouk ihre unglaublichen Geschichten erzählt haben, eroberten sich dort ihren Alltag." so in der Ankündigung einer 110 Fotos umfassenden Ausstellung im Mannheimer ZEPHYR Raum für Fotografie im Museum Bassermannhaus des Reiss-Engelhorn Museums vom 19. März bis 31. Juli 2011.



Foto: Andrej Krementschouks aus Chernobyl Zone (II) /
hfr Kehrer-Verlag, Heidelberg



Foto: Andrej Krementschouks aus Chernobyl Zone (II) /
hfr Kehrer-Verlag, Heidelberg



Foto: Andrej Krementschouks aus Chernobyl Zone (II) /
hfr Kehrer-Verlag, Heidelberg


Andrej Krementschouks (*1973 in Gorki) erstes Buch »No Direction Home« (2009) war Siegertitel des Deutschen Fotobuchpreises 2010, sein zweites Buch »Come Bury Me« erschien 2010. Seine Bilder wurden u. a. in den Deichtorhallen Hamburg, im Martin Gropius-Bau, Berlin, in der Galerie Clara M. Sels, Düsseldorf, im Kunstverein Recklinghausen und bei C /O Berlin ausgestellt.


Andrej Krementschouks
Foto: Kehrer/hfr


Andrej Krementschouk
Chernobyl Zone (I)
Neuerscheinung im April 2011 bei Kehrer, Heidelberg
Festeinband, Limitierte Auflage, ca. 38 x 27 cm, ca. 96 Seiten, ca. 64 Farbabb.
ISBN 978-3-86828-200-9, 58 Euro

Andrej Krementschouk
Chernobyl Zone (II)

 Neuerscheinung im Mai 2011 bei Kehrer, Heidelberg
Broschur, ca. 25 x 20 cm, ca. 120 Seiten, ca. 60 Farbabb., Deutsch / Englisch
Texte von Andrej Krementschouk, Thomas Schirmböck, Wolfgang Kil
ISBN 978-3-86828-210-8, ca. 25 Euro




Ausstellungen
Zone – Heimat. Tschernobyl
Reiss-Engelhorn-Museen, Zephyr – Raum für Fotografie im Museum Bassermannhaus, Mannheim, 19. März 2011 – 31. Juli 2011

Die Straße der Enthusiasten

eine Ausstellung der Heinrich-Böll-Stiftung und des Morats-Instituts mit Robert Polidori, Sergej Nekhajew et al.; Berlin, Kiew, Warschau, Gartow, Freiburg, Hamburg. Ab 12. April 2011 bis Oktober 2011

Tschernobyl
Galerie Maria Sels, Düsseldorf 8. April – Juni 2011

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