Hamburg, 04.06.08 - Interview mit Gunter Gabriel auf dem Airport Hamburg
In den späten Nachmittagsstunden traf er, erschöpft aber voller ergreifender Eindrücke aus dem Irak, wieder in Hamburg ein. Nachdem ein Zubringer-Flug aus der nordirakischen Stadt Erbil nach Istanbul einfach gestrichen wurde, musste er eine 800-km Fahr mit dem Taxi in die nächste türkische Stadt Diyakabir auf sich nehmen.
In den späten Nachmittagsstunden traf er, erschöpft aber voller ergreifender Eindrücke aus dem Irak, wieder in Hamburg ein. Nachdem ein Zubringer-Flug aus der nordirakischen Stadt Erbil nach Istanbul einfach gestrichen wurde, musste er eine 800-km Fahr mit dem Taxi in die nächste türkische Stadt Diyakabir auf sich nehmen.
O-Ton mit Gunter Gabriel nach seiner Rückkehr gestern Spätnachmittag am Airport Hamburg:
Es war ein Peace-Festival und der Erlös sollte den Kindern zugute kommen, die als Terroropfer im Irak keine ärztliche Hilfe haben und die in einem Hospital in Osnabrück behandelt werden. Der Erlös für dieses Konzert war 35.000 Dollar und es ist das erste Konzert gewesen, an dem ein Deutscher überhaupt teilgenommen hat, selbst der Präsident Iraks hat mich eingeladen. Ich habe also sehr gute Resonanzen gehabt. Darüber bin ich ganz glücklich, dass ich es gewagt habe, da hinzufahren, es war nicht ganz ungefährlich. …
(Wie kam das Konzert zustande) Es war ein Unternehmer, er in Erbil, das ist in Kurdistan, der dort eine Firma hat und der hat mich eingeladen und der hat auch das ganze initiiert. Es waren 1.500 Leute da in einer kleinen Stadthalle, weil es zu gefährlich war es draußen zu machen, weil man nie genau wusste, geschehen Terroranschläge, also ich war ziemlich abgesichert, also 1500, war natürlich trotzdem ein großer Erfolg. …
(Begegnung mit verletzten Kindern) Ich habe Kinder gesehen, wo mir der Atem gestockt ist, … wenn dann ein Kind so neben einem sitzt, die Beine fehlen, die Arme fehlen, die Augen fehlen, wo der ganze Unterleib weggerissen ist und die haben keinen Pillermann mehr und nur noch einen Katheder, da stockt dir der Atem. Da kriegst Du so eine Schweine-Wut. Es ist ja so, jeden Tag geschehen Anschläge in Bagdad, 800 Anschläge pro Tag. Es werden Kinder entführt und Lösegelder erzwungen und wenn das Lösegeld nicht gezahlt wird, werden den Kindern einfach so die Finger abgeschnitten, also man da einfach gewesen sein und ich bin dankbar, dass ich das Wagnis auf mich genommen habe. ….
(Wie kamen seine Songs an) Ich kann bei solch einem Festival nicht „Komm unter meine Decke“ spielen, das ist ja wohl klar. Es war ein gemischtes Publikum, ich habe mir genau überlegt, was ich spielen werde. Das Zentrum meiner Show war natürlich „Where has all the flowers gone“ von Pete Seeger „Sag mir wo die Blumen sind“ der Antikriegs-Song, den kannte natürlich jeder, da war das Eis gebrochen. Ansonsten waren ja nur kurdische Musikanten da, ich war der einzige, da auch Johnny-Cash-Song sang, dann von Kristofferson „Freedom just another word“, das kannten natürlich viele Amerikaner, die da waren. Aber der Zentralsong war „Sag mir wo die Blumen sind“, aber dann kamen ein paar Rock´n Roll-Songs und da sind alle ausgerastet, weil die Kurden spielen ja nur Musik in Moll und die sind durch das, was im Land passiert, natürlich so auf Moll, dass die richtig anfingen zu tanzen als ich von Ray Charles „He he he he“ anstimmte. Da waren natürlich auch sehr konservative Iraker mit Kopftüchern, die kein Händchen gerührt haben aber ich muss sagen, die Resonanz war ganz großartig. Auch für die anderen Musiker, ich will mir das nicht allein ans Revers heften. …
(Eindrücke am Rande des Konzerts) da wo wir aufgetreten sind, die Leute waren unglaublich freundlich. Du kannst da hinkommen und wenn du kein Hotel hast, du kannst da wohnen. Die sind sehr freundlich. Das Land ist seht karg. Es ist so wie der Gran Canyon in Nevada, sehr karg, wenig Wasser und die kriegerischen Auseinandersetzungen nehmen einfach kein Ende … und ist in der Kürze der Zeit nicht zu begreifen.
(Erlös des Konzerts) zehn Kinder können damit behandelt werden. Das ist ja erst der Anfang. Ich stell mich der Organisation „Airbridge“ zur Verfügung, die ihren Huptsitz in Osnabrück, um das hier ein bisschen in die Breite zu bringen. Weil das wirklich komplett zu denen kommt… und das den Kindern wirklich geholfen wird.
(Soziales Engagenment) Ich bin immer auf dieser Schiene gewesen, mein Leben lang, Ich weiß ja, dass ich verrufen bin für viele hier in Deutschland, die sagen: dieser verrückte Gabriel! Aber mein Herz schlägt für die Menschen, ich mache Musik für die Menschen und die Musik ist ja ne Therapie auf der einen Seite und auf der anderen Seite bin ich ein neugieriger Deutscher, ein engagierter Deutscher – immer schon gewesen, ich hab damals bei den großen Streiks im Ruhrgebiet genauso für die Arbeiter von Krupp gestreikt, wie für die Leute von der Vulkan-Werft in Bremerhaven oder jetzt für die Nokia-Leute in Bochum und es wird sich wieder etwas ergeben und dann bin ich dabei, das ist für mich nicht so, als wollte ich zeigen, was ich für´n doller Hecht bin, sondern das ist für mich ´ne Selbstverständlichkeit, ich bin Songschreiber und ich hab verdammt noch mal meinen Kopf dafür hinzuhalten, was hier im Land passiert, ja. Und das gilt auch für alle anderen, die dicke Backen machen und sagen, ja ja wir sind und nichts passiert. Also insofern möchte ich da weiter, weiter, weiter….
Video-Vorschau und Download: http://www.newspusher.com/EN/post/1212707101-1/EN-gunter+gabriel/gunter-gabriel-nach-friedenskonzert-im-irak-wieder-zuruck-in-hamburg.html
(c) BildReport
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