Louise Bourgeois in der Hamburger Kunsthalle

Louise Bourgeois Passage dangereux 10. Februar bis 17. Juni 2012 Hamburger Kunsthalle, Hubertus-Wald-Forum Eröffnung: Donnerstag, 9. Februar 2012, 19 Uhr


Hamburg, 26.01.12 - Die Hamburger Kunsthalle ehrt mit einer Ausstellung eine Jahrhundert-Künstlerin: Louise Bourgeois (1911-2010). Aus Anlass des 100. Geburtstags der Künstlerin werden Skulpturen, Rauminstallationen, Radierungen, Arbeiten aus Stoff und Tapisserien gezeigt, die in den letzten 15 Lebensjahren entstanden sind. Das Werk einer der bedeutendsten und einflussreichsten Künstlerinnen unserer Zeit offenbart eine ganz eigene Form- und Materialsprache. Es behandelt existentielle Themen des Menschseins und zugleich ganz persönliche Erfahrungen, denen sich Louise Bourgeois unermüdlich zu stellen wagte: Angst, Abhängigkeit, Erinnerung, Sexualität, Liebe und Tod. Die ausgestellten Werke kommen aus renommierten internationalen Museen, Privatsammlungen und vom Louise Bourgeois Trust. Einige Arbeiten sind zum ersten Mal überhaupt öffentlich zu sehen.


Louise Bourgeois (1911-2010)
Louise Bourgeois with SPIDER IV in
1996, Ausschnitt
Portrait: © Peter Bellamy/SPIDER IV: © Louise
Bourgeois Trust, VG Bild-Kunst, Bonn 2011
Photo: Peter Bellamy

Die berühmte Maman (1999) – eine über 9 Meter hohe, überdimensionale Spinne aus Bronze, Stahl und Marmor – wird mehr als vier Monate lang auf dem Außenplateau der Hamburger Kunsthalle zur weit sichtbaren Botschafterin der Ausstellung. Die monumentale Skulptur ist ein Leitmotiv im OEuvre der Künstlerin und ein Schlüsselwerk zum Verständnis ihrer Kunst. Einerseits ist Maman eine Hommage von Louise Bourgeois an ihre Mutter, die als Restauratorin von Tapisserien arbeitete und, einer Spinne vergleichbar, Gewebe produzierte und erneuerte. Andererseits symbolisiert die Spinne die unendliche, sich ewige erneuernde Geschichte des Lebens.



Die 9m große "Maman" steht vor der Hamburger Kunsthalle
Fotos (2): Walter Domscheit

Zu den oft raumgreifenden und mehrteiligen Exponaten gehört der großformatige, vierzehnteilige Radierungszyklus À l’infini (2008) aus dem Besitz des Museum of Modern Art in New York, der erstmals in Deutschland vorgestellt wird. Das MOMA war das Museum, das Louise Bourgeois im Jahr 1982 als erster Künstlerin überhaupt eine retrospektive Ausstellung widmete. Die einzelnen Blätter von À l’infini zeigen jeweils zwei sich begegnende Linien, aus denen immer neue Formen, wie etwa ein sich liebendes Paar, entstehen. Das so einfache wie berührende Werk beruht auf dem Ursprung jeden Gewebes, das aus mindestens zwei Fäden bestehend in unendlicher Weise variiert werden kann.
Mehrere Ausstellungsräume sind Stoff-Arbeiten gewidmet, in denen sich der Faden zu Mustern und zu abstrakten Formationen von beeindruckender Schönheit verselbständigt. Gewebe als Geschichte zu denken, die immer weiter fort gesponnen werden kann, als Erinnerungsfäden, die den Weg in die Vergangenheit aufzeigen – dieses Verständnis prägt das künstlerische Werk von Louise Bourgeois.
Der Ausstellungstitel Passage dangereux ist dem Namen einer Arbeit von Bourgeois spektakulärster Werkgruppe entnommen, ihren so genannten Cells: käfigartige, mit Objekten und kleinen Skulpturen gefüllte Räume. Passage dangereux (1997) ist die größte und komplexeste dieser Cells und macht die Auseinandersetzung der Künstlerin mit ihrer eigenen persönlichen Geschichte, aber auch mit allgemeinmenschlichen Erinnerungen und Emotionen auf verdichtete Weise erfahrbar.
Louise Bourgeois vereinte in ihrem 98-jährigem Leben und in ihrem langen, in seiner Intensität nicht nachlassendem künstlerischen Schaffen mehrere Epochen: In Paris geboren erlebte sie als junge Frau die Pariser Moderne, studierte u. a. bei Fernand Léger und bewegte sich im Kreis der Surrealisten. 1938 zog sie mit ihrem Ehemann, dem amerikanischen Kunsthistoriker Robert Goldwater, nach New York. Dort kam sie mit den aus Frankreich emigrierten Künstlern um Marcel Duchamp in Kontakt und war mit Vertretern des Abstrakten Expressionismus befreundet. Bourgeois nahm die in den USA dominanten Strömungen der Minimal- und der Pop Art wahr, schloss sich jedoch nie einer der bestehenden Gruppen an. Vielmehr entwickelte sie eine seltene stilistische Komplexität, die vieles von dem vorwegnahm, was Anliegen einer jüngeren Künstlergeneration werden sollte.

Kuratorin der Ausstellung: Dr. Brigitte Kölle
(Quelle: Hamburger Kunsthalle).

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